Kindergynäkologie
Kinder sind nicht einfach kleine Erwachsene, schon deswegen stellt
die Betreuung heranwachsender Mädchen besondere Anforderungen
an den Gynäkologen. Sie erfordert besonderes Wissen aus der Schnittstelle
zwischen Kinder- und Frauenheilkunde, sowie ein großes Einfühlungsvermögen
in das Wesen des Mädchens.
Die allererste gynäkologische Vorstellung prägt häufig das Verhältnis
des Kindes oder des Teenagers zum Gesamtfach der Gynäkologie auch
im späteren Leben.
Oft wird mir von besorgten Müttern die Frage gestellt, wann korrekterweise
die erste Vorstellung des Mädchens erfolgen soll. Dafür gibt es
keine generelle Empfehlung. Bereitet die Entwicklung des Kindes
Anlass zu Sorge, sind die äußeren Genitale auffällig gestaltet,
besteht ein Problem bei der Hygiene oder sogar ein Ausfluss, sollte
das Mädchen, begleitet von Ihren Vertrauensperson vorgestellt
werden. Vereinzelt werden die Kinder leider auch mit der bedauerlichen
Frage nach sexuellen Missbrauch in der Praxis angemeldet.
Der Auftritt der Pubertät (Brustentwicklung im Alter von 10 -Lebensjahren,
Schambehaarung mit 11 LJ, Wachstumsschub mit 12 LJ und erste Periode
mit 13 LJ) dessen regelrechter Verlauf und die eventuelle Störungen
bieten oft , wie auch die Hygiene Anlass für den ersten Frauenarztbesuch.
Das von der Gesellschaft propagierte Schönheitsideal führt bei
einer Vielzahl jugendlicher Frauen und Mädchen zu Essstörungen,
angefangen von so genannten „gezügelten Essverhalten“ bis hin
zur schweren Anorexie oder Bulimie, die mit Zyklusstörungen vergesellschaftet
sind.
Oft werden Probleme mit der Menstruation, vor allem Schmerzen
und die lebensbedrohende starke Blutungen oder auch Fragen zur
Antikonzeption formuliert.
Für die Belange der Sexualität gilt es, das Mädchen behutsam
und ohne Verletzung ihres natürlichen Schamgefühls zu führen.
Bei Ausbleiben der ersten Periode nach dem 16-ten Lebensjahr
muss eine sorgfältige Abklärung der Ursachen erfolgen.
Durch die Medien wird die Brust als Organ weiblicher Sexualität
immer mehr in den Vordergrund gestellt. Berichte über Minderjährige,
die ihre Brust operativ verändern lassen haben, führen zu einer
kritischen Einstellung der Teenager zu ihrer eigenen Brust unter
dem Aspekt der Ästhetik. Andererseits wird durch die Diskussion
um Brustkrebs und dessen Früherkennung das Bewusstsein für Brustgesundheit
allgemein gestärkt, so dass ein höheres Sicherheitsbedürfnis entstanden
ist.
Insgesamt dient die Erstvorstellung beim Gynäkologen in der Mehrzahl
der Fälle der primären Kontaktaufnahme und dem Aufbau der Kommunikation.
Es wird immer unabhängig von einer körperlichen Untersuchung Gesprächsbereitschaft
signalisiert, mögliche Probleme, die wahrgenommen werden, offen
anzusprechen, aber kein Gespräch erzwungen. Ist die Vertrauensbasis
erst einmal geschaffen, wird es für die Patientinnen ohnehin leichter
auch schambesetzte Themen, die sie belasten zu besprechen.